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Heute, 23.03 - 24.00 Uhr | WDR 3

WDR 3 Studio Akustische Kunst

Mit Ilka Geyer
Es fährt ein Zug nach …? Philip Jeck & Chris Watson: Oxmardyke

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Moderatorin Ilka Geyer

Ilka Geyer

Ausgehend von Feldaufnahmen eines beschrankten Bahnübergangs im ländlichen Yorkshire, an dem Transport und Natur aufeinander prallen, mutieren die Sounds in Oxmardyke u.a. zu sphärisch-aufwallenden Loops, die einer gewissen Mystik nicht entbehren.

Eine eingleisige Eisenbahnlinie kreuzt eine Landstraße. Die Schranken des Stellwerks tragen den Namen Oxmardyke. Hier macht der renommierte field recordist Chris Watson Aufnahmen, die von Turntablism-Ikone Philip Jeck kurz vor seinem Tod für Stücke bearbeitet und arrangiert werden - allerdings nicht mit Plattenspielern, sondern mit seinem Laptop.

Beide hatten für dieses Joint-venture einen Inspirations-Horizont: Für Chris Watson war es das Gemälde „Rain Steam and Speed - The Great Western Railway“ des englischen Malers William Turner. Ein Ölgemälde? Nicht verwunderlich für Watson, gehören doch zu seinem breit aufgestellten Oeuvre (Gründungsmitglied von Cabaret Voltaire, Soundtrack für David Attenboroughs Natur-Dokumentationen) auch Soundtracks für Gemälde wie „The Cornfield“ („The Drinking Boy“) von John Constable. Oder für Akseli Gallen-Kallela’s „Lake Keitele“. In Turners Gemälde ebenso wie in den Szenarien, auf die Watson sein Mikro ausrichtet, walten Kräfte von Natur und Industrie synchron.

Philip Jeck generierte mit Vorliebe mit alten Plattenspielern und versehrten (und nach seinen Auftritten meist noch versehrteren) Platten kleinste Soundfragmente und fügte sie zu einem funkelnden Rund-Brillianten aus Loopfacetten zusammen. Die Soundästhetik vieler seiner Tracks wurden vom Kulturwissenschaftler Mark Fisher anhand des von ihm geschöpften Begriffs <<Hauntology>> aufgeschlüsselt - allen voran wegen der Nostalgie und des unheimlichen Gefühl des Verlusts, die Fischer in vielen von ihnen hörte. Im Kontext der Produktion der Tücke für „Oxmardyke“ schwang für Jeck explizit die Historie des Ortes mit: Nahe des Bahnübergangs, an dem die Aufnahmen gemacht worden sind, gab es vom Ende des 12. bis Anfang des 14. Jahrhunderts eins der größten Tempelritter-Ordenshäuser in Yorkshire.

Jeck starb im März 2022 relativ unerwartet nach kurzer Krankheit. „Oxmardyke“ ist seine letzte Arbeit.

Oxmardyke
Philip Jeck & Chris Watson