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Alternative Medaillenspiegel Hier wäre San Marino die Nummer eins

Die USA haben erneut den ersten Platz im olympischen Medaillenspiegel belegt. Aber welchen Wert hat die Zählung von Gold, Silber und Bronze? Ein paar Ideen, wie man ganz anders rechnen könnte.
Sportschützin Alessandra Perilli holte Bronze im Trap, Silber im Mixed-Trap - und damit zwei der drei Olympia-Medaillen für San Marino in Tokio

Sportschützin Alessandra Perilli holte Bronze im Trap, Silber im Mixed-Trap - und damit zwei der drei Olympia-Medaillen für San Marino in Tokio

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RITCHIE B. TONGO / EPA

Die Olympischen Sommerspiele in Tokio sind vorbei. Im Medaillenspiegel gab es an der Spitze bis zuletzt einen Zweikampf zwischen China und den USA. Nach der letzten Entscheidung thront das amerikanische Team nicht nur, zum dritten Mal in Folge, mit der gewohnten Zählung an der Spitze – die USA holten mit insgesamt 113 Medaillen auch in der Breite die mit Abstand meisten Medaillen.

Das Team des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) hat fünf Medaillen weniger gewonnen als vor fünf Jahren in Rio de Janeiro, im klassischen Medaillenspiegel bedeutet das eine Verschlechterung um vier Plätze von Rang fünf auf neun. Die Diskussionen rund um das Sportsystem in Deutschland nimmt Fahrt auf, der DOSB mit Präsident Alfons Hörmann kommt dabei nicht gut weg .

Bleiben wir bei der Gesamtbilanz, so sieht der Medaillenspiegel nach 339 Wettbewerben aus:

Zum Medaillenspiegel gehören aber auch Diskussionen über die Sinnhaftigkeit der bisherigen Zählweise. Säbelfechter Max Hartung, der den deutschen Sport als Athletensprecher seit Jahren kritisch begleitet, hat unlängst in einem Interview der »Zeit«  für eine andere Perspektive plädiert: individueller, weniger auf Rekorde ausgerichtet, mehr mit den Sportlern im Mittelpunkt.

In der Betrachtung des Großen und Ganzen wäre es womöglich fairer, jede Medaille zählen zu lassen. Gold wäre dann so viel wert wie Silber und Bronze. Dann hätte es in Tokio an der Spitze zumindest einen Platztausch gegeben, die japanischen Gastgeber wären auf Platz fünf gelandet:

Noch ausgewogener wäre es womöglich, sowohl die Gesamtanzahl der Medaillen als auch die etwas höhere Wertigkeit der Goldmedaillen einfließen zu lassen. In den Top 15 gäbe es so eine Veränderung, das deutsche Team würde wieder auf den neunten Platz zurückfallen.

Interessanter wird es, wenn man die Wirtschaftsleistung der Länder den Medaillengewinnen bei den Olympischen Spielen gegenüber stellt. Dann läge Deutschland auf Platz 77, die USA sogar nur auf Rang 82 – und an der Spitze würde San Marino thronen. Die von Italien umgebene Republik hat gerade mal knapp 34.000 Einwohner, fünf von ihnen schafften die Qualifikation für Tokio.

San Marino schickte zum 15. Mal ein Team zu den Olympischen Spielen und hat es zum ersten Mal geschafft, Medaillen zu gewinnen. Sportschützin Alessandra Perilli hatte am fünften Wettkampftag mit Bronze im Trap geholt. »Keine Ahnung, was jetzt daheim abgeht«, sagte die 32-Jährige der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. »Ob ich eine Heldin bin? Jetzt übertreibt mal nicht!« Drei Tage später legte Perilli nach und gewann gemeinsam mit Gian Marco Berti Silber im Trap-Mixed, und der Ringer Myles Amine gewann Bronze.

Wenig überraschend läge San Marino auch an der Spitze des Medaillenspiegels, wenn die Ausbeute auf die Einwohnerzahl umgerechnet würde. In den Top 15 stünden mit den Niederlanden und Australien auch zwei Länder, die im gängigen Ranking vor Deutschland liegen. Das niederländische Team hat 36 Medaillen eingesammelt, bei gerade mal 17,5 Millionen Einwohnern.

Wie groß sind olympische Mannschaften eigentlich? Das größte Team stellten die USA mit 648 Athletinnen und Athleten. Es folgen Japan (619), Australien (491), China (425), Deutschland (422) und Frankreich (400).

San Marino fuhr mit nur fünf Teilnehmerinnen und Teilnehmern nach Tokio. Bermuda schickte mit Dara Alizadeh (Rudern) einen Sportler und Flora Duffy eine Sportlerin zu den Spielen. Duffy gewann die Goldmedaille im Triathlon – und hätte den kleinen Inselstaat im Atlantik an die Spitze eines weiteren Medaillenspiegels gebracht.

Wie auch immer die Medaillen eingeordnet werden: Deutschland gehört nach Olympia 2021 nicht zu den Gewinnern.